groß und Klein

Innere Anteile: Ein großer und ein kleiner Kreis.
Ab und zu in verfälschender Verkürzung auch Narzissmus genannt.

2 Kreise, die mich sehr unterstützen über etwas zu sprechen, was die Verhaltenstherapie als Narzissmus bezeichnet.
Da dieser Begriff im Sprachgebrauch meist sehr negativ konnotiert ist wird, ist er erfahrungsgemäß wenig hilfreich, um in ressourcenorientierter Weise über dieses Muster zu sprechen.
Für mich ist es erst einmal einfach ein inneres Beziehungsmuster.[1]
In dieses Muster sind mindestens 2 Teile involviert, oftmals spielen noch Weitere eine wichtige Rolle, die aber zunächst wegabstrahiert werden können.
In dieser inneren Beziehung geht es darum, dass ein Teil der Person durch die Außenwelt bedroht worden ist, sie sich dabei selbst schwach, makelhaft, ungenügend o.ä., sprich klein, erlebt hat und dies schmerzhafte Folgen für die Person hatte.
Ein Bewältigungsversuch besteht nun darin, dass ein zweiter Teil eine starke, sprich große, Position einnimmt und ersteren Teil in Schutz nimmt.

Folgen die oftmals mit diesem Muster einhergehen:
Positive Effekte sind erst einmal ein gesteigertes Empfinden von Selbstwirksamkeit, Selbstbewusstsein und damit ein Erhalt der Handlungsfähigkeit.
Quasi durch die Hintertür geschieht dies aber auf Kosten des Selbstwerts. [2] Der kleinere Teil fühlt sich durch dieses Verhalten in seinem Mangelhaften bestätigt. Er scheint ja in der Tat so schutzbedürftig zu sein, wie es den Anschein hat. (Manchmal ist es auch ein anderer Teil der diese Bewertung vornimmt und bestätigt sieht.)
Der große Teil fühlt sich noch mehr genötigt den kleineren nicht sichtbar werden zu lassen, oder wie er es eher formulieren würde: zu beschützen.
Dadurch verringert sich auch die Chance, dass es zu einer andersartigen Erfahrung kommen könnte, wo beispielsweise der kleine Teil auch als wertvoll, kompetent, beziehungsstiftend o.ä. Präsent werden könnte.
Gemeinhin ist es Menschen jedoch ein essentielles Bedürfnis auf eine „echte“ Art und Weise in Beziehung zu kommen. Eine Qualität die eher dem kleineren Teil innewohnt. Für eine „echte“ Art von Beziehung ist es nötig nicht nur mit selbstbewussten, repräsentativen Teilen im Kontakt zu sein[3].

Diese Dynamik lässt sich graphisch so verdeutlichen, dass der große Teil immer größer wird, sich wie auflässt, der kleinere Teil dabei zusammen schrumpft. Das System wird damit im Verhaltensmuster zunehmend rigider. Damit steigen die Kosten für das System, während der Nutzen nicht in gleichem Maße steigen kann.

Die Frage ist nun, wie wieder mehr Flexibilität ins System kommen kann.
Dabei könnte es im nächsten Schritt darum gehen, wie es gelänge scheinbar schwache, verletzbare Teile in Kontakt zu bringen, um andersartige Beziehungserfahrungen zu machen.
Wobei der vermeintlich stärkere Teil beispielsweise eine Wächterfunktion übernehmen könnte, um einzuschreiten, wenn es wirklich so schlimm werden würde wie dieser Teil befürchtet.
Hiermit könnten schrittweise die Teile mehr auf Augenhöhe miteinander in den Austausch kommen, indem sie ihre verschiedenen Qualitäten und Stärken wahrnehmen. Womit sich eine Steigerung des Selbstwerts ergäbe.

Ich freue mich über Kommentare unter 

Ergänzungen

  1. Hier sei davon ausgegangen, dass es ein psychologisch unterkomplexes Modell eines Menschen ist, von einer Person zu sprechen. Eher empfinde ich es als hilfreich von mehreren inneren Anteilen/Teilen zu sprechen, wie es in vielen therapeutischen Ansätzen verfolgt wird, siehe u.a. Ego-State, IFS-Modell, Hypno-Systemischer Ansatz. Diese Vorstellung löst oftmals unmittelbar Spannungen dadurch, dass Ambivalenzen besser abgebildet werden können.[]
  2. Selbstwert sei hier verkürzt definiert als Gefühl: „Du bist in Ordnung, so wie Du bist.“. Im Gegensatz zu Selbstbewusstsein: „Du bist kompetent genug etwas zu leisten.“ Nach Jesper Juul, siehe zB. Selbstvertrauen & Selbstwertgefühl.[]
  3. siehe u.a. „Daring greatly.“ von Brene Brown[]